12 Jahre
Bist du da? Im Hier und Jetzt? Ich ertappe mich selbst viel zu oft dabei wie ich an die Zukunft denke, mich sorge und dabei vergesse den Moment zu genießen. Man glaubt immer, man hat noch so viel Zeit.
Zeit. Was ist das eigentlich? Ich hab’s gegoogelt aber ich bin genauso schlau wie vorher. Einstein, Newton, alle haben komplexe Erklärungen und irgendwie aber doch nicht, denn eigentlich ist Zeit etwas relatives. Sie fließt dahin. Unaufhörlich. Wir können sie nicht aufhalten. Aber was wir sehr wohl können ist sie bewusster erleben. Dadurch läuft sie - zumindest gefühlt - langsamer. Kennst du das? Ein spannender Urlaubstag wo einfach so unglaublich viel passiert verglichen mit einem faden Tag in der Arbeit wo gefühlt gar nichts passiert? Wie muss das wohl für den Hund sein? Wenn jeden Tag etwas spannendes und aufregendes passiert, kommt ihm dann der Tag auch länger vor?
Erinnerungen
Wer weiß schon an was sich Hunde erinnern können? Cassie erinnert sich an Menschen, an Orte und sogar an Kuscheltiere und unser ehemaliges Auto. Und so viel und extrem wie sie träumt müssen auch diese Träume Inhalte haben. Klar wird dabei Erlebtes verarbeitet aber erinnert sie sich dabei an den hübschen Aussie Rüden von heute Nachmittag oder träumt sie etwas ganz anderes? Denkt sie manchmal ans Meer? Das werden wir wohl nie erfahren. Aber auch wenn wir die Erinnerungen vielleicht nicht direkt für unseren Hund schaffen, dann schaffen wir sie doch zumindest für uns selbst. Denk mal nach an was du dich im letzten Jahr erinnerst. Dabei wird dir sicher wenig alltägliches einfallen. Aber an besonderes erinnern wir uns dafür umso mehr. Ich will mich wieder an alles erinnern. Keinen Tag mit Cassie vergessen. Ich will, dass es mir schwer fällt zu entscheiden, welche Momente den Titel der schönsten Erinnerung tragen dürfen. Denn unendlich viele Tage haben wir nicht gemeinsam.
Durchnittsalter
In der Europäischen Union beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer 73,2 Jahre und für Frauen 79,6 Jahre. Auch wenn einige Menschen älter werden ist das eigentlich nicht sehr alt und für jeden Menschen der älter wird, muss also laut Statistik ein anderer früher sterben. Wenn wir nach dem Durchschnitt gehen sind mein Partner und ich schon in wenigen Jahren bei der Hälfte unseres Lebens angekommen….Wahnsinn… und auch Cassie wird nicht jünger. Da kann ich mir noch so oft das Gegenteil einreden. Die Lebenserwartung eines Hundes hängt - ähnlich wie bei uns Menschen - von vielen Faktoren ab. Erbkrankheiten, ob kleine oder große Rasse, Immunsystem, Ernährung, Pflege, Haltung… eine pauschale Antwort wie alt ein Hund werden kann gibt es also nicht, denn Ausnahmen und Schicksalsschläge gibt es immer. Durchschnittlich gibt man Hunden aber eine Lebenserwartung von 8-15 Jahren. Im Vergleich zu unserer Zeit auf der Erde ist das also wirklich nicht viel.
12 Jahre
Stell dir vor du hättest nur 12 Jahre zu leben. Was würdest du tun wollen? Würdest du weiterhin nach Erfolg und Geld streben oder nach Momenten und Erinnerungen? Wir Menschen haben immer das Gefühl, dass wir noch so lange leben, sodass wir unser ganzes Leben verschwenden, immer nur an die Zukunft denken und dabei die Gegenwart vergessen. Zu unserer Entschuldigung sind wir nicht individuell selbst daran schuld, sondern das System das die Menschen geschaffen haben. Ein System aufgebaut auf Geld. Zuerst werden wir erzogen für die Zukunft, dann lernen wir für die Zukunft, dann arbeiten wir um es in der Zukunft, also in der Pension, besser zu haben. Und dann? Dann sind wir entweder schon tot oder zu alt um in vollen Zügen zu leben. Die meisten wissen dann gar nicht mehr was Leben abseits von Arbeit eigentlich bedeutet. Das ist verrückt und vollkommen unbegreiflich. Wir tauschen Zeit gegen Geld und Geld gegen Dinge die uns glücklich machen sollen. Aber machen uns Dinge glücklich? Eigentlich nicht. Wenn du Glück hast, hast du dein Geld gegen einen Hund getauscht und nun die Chance dein Leben zu überdenken.
Das wertvollste Gut
Würde dich wer fragen, würde man wahrscheinlich spontan antworten, dass Geld das wichtigste Gut ist. Aber das stimmt nicht. Denn es ist Zeit. Wir opfern unsere Zeit für Geld. Und wenn es darum geht unsere Wünsche zu verwirklichen, Wünsche, die nicht materieller Art sind, dann fehlt uns meistens die Zeit. Es fehlt uns die Zeit für den langen Spaziergang, es fehlt uns die Zeit für den Ausflug und es fehlt uns die Zeit um Zeit zu haben. Schon komisch. Dabei wäre Zeit in der Theorie das letzte Gut das gratis ist.
Alltag
Jeder hat seinen Alltag. Man hat gewisse Rituale, gewisse Verpflichtungen und Sachen die man erledigen möchte. Wir natürlich auch. Alltag ist in gewisser Weise etwas gutes, denn er bringt Stabilität ins Leben. Eine Sicherheit. Und Sicherheiten lieben wir Menschen ja. Aber was daran ist eigentlich sicher? Dass wir am nächsten Morgen aufwachen? Dass unser Kaffee oder Tee gleich schmeckt wie immer? Dass unsere Zahnbürste am selben Ort liegt? Dass wir wissen wie wir zur Arbeit kommen und wo der nächste Supermarkt ist? Wir sind schon komisch, wir Menschen. Anstatt das wir einsehen wie langweilig das ist freuen wir uns auch noch darüber. Denn würden wir einfach unsere Sachen packen und in den nächsten Zug steigen wäre nichts mehr klar. Wir würden neue Orte sehen, neues Essen schmecken, neue Luft riechen und an einem unbekannten Ort aufwachen. Klingt das nicht unglaublich spannend und erstrebenswert? Natürlich könnte uns dabei etwas passieren und natürlich könnten wir auch negative Erlebnisse haben. Aber mal ganz ehrlich - ist das im Alltag nicht auch so? Bei uns schon. Bei jedem Spaziergang haben wir negative Begegnungen, bei jeder Straße die wir überqueren könnten wir verletzt werden, ... siehst du? Genauso gefährlich. Also sollten wir mehr erleben und dankbar dafür sein. Denn gefährlich ist das Leben so oder so. Und vor negativen Erlebnissen können wir uns auch nicht schützen. Diese ständige Angst es könnte was schlimmes passieren führt im Endeffekt nur dazu, dass wir das Leben verpassen.
Wir verlassen das Land
Ich habe ein Dach über dem Kopf, Essen im Kühlschrank, kann Shoppen wenn ich das möchte und habe ein bisschen Geld gespart. Ich habe einen liebevollen Partner und einen wundervollen Hund. Prinzipiell geht es mir also gut und das schätze ich sehr. Vor allem in Zeiten wie diesen. Trotzdem fühlt es sich ein bisschen so an wie 'Täglich grüßt das Murmeltier'. Wir wollen wieder mehr erleben und unsere Gegenwart genießen, statt sie immer nur in die Zukunft zu verschieben. Darum packen wir unsere 7 Sachen und suchen das was uns Drei wirklich glücklich macht.
Leben im Moment
Wer lebt heutzutage noch in der Gegenwart? Wir denken immer an das was morgen ist, planen was im Sommer passieren soll und sparen für etwas, dass frühestens in 10 Jahren ist. Verrückt oder? Wann vergessen wir das endlich und machen das was wir JETZT machen wollen und sind zu 100% da? Einfach leben. Einfach sein. So wie wir wollen. Ich habe letztens einen spannenden Bericht gehört. Ein Reporter hat einige Zeit bei und mit Urvölkern im Amazonas gelebt. Und was mir dabei am meisten im Kopf geblieben ist, ist wie die Urvölker ein Haus bauen. Sie stellen ein paar Hölzer auf, machen ein provisorisches Dach drauf und Basta. Genau das was sie jetzt brauchen. Sollte es Regnen und das Dach undicht sein, na dann wird es dicht gemacht. Aber warum jetzt schon Gedanken über jede mögliche Situation machen? Wenn wir allerdings ein Haus bauen wird alles bedacht. Stürme, Kälte, Erdbeben usw.
Ja, natürlich macht das Sinn. Aber all das entfernt uns vom Leben im Jetzt. Hunde sind da viel mehr wie Urvölker. Sie leben in der Gegenwart, so wie wir als Kinder auch. Aber warum waren wir so anders als wir Kinder waren? So viel interessierter, so viel zufriedener, so viel neugieriger, und... so viel freundlicher. Warum haben wir so viel mehr gelacht? Und so viel mehr geweint? Das System macht uns kaputt. Bei all den Vorteilen die eine Gesellschaft hat gibt es auch so viele Nachteile. Nichts und niemand sollte uns die Möglichkeit nehmen im Hier und Jetzt zu leben.
Ein anderes Leben
Aber was kann das andere sein? Ist es überhaupt möglich was zu ändern? Wieder mehr Kind zu sein? Ich habe Verantwortung, Rechnungen zu bezahlen und Menschen die auf mich zählen. Aber woraus besteht die Verantwortung und wer stellt mir diese Rechnungen? Wem schulde ich wirklich etwas und bei wem glaube ich das nur? Was will ich? Und was wird mir eingeredet? Unsere Realität wird so sehr verzerrt.
Hierzu fällt mir eine nette Anekdote ein. Kommt ein Banker zu einem einsamen Fischer am Meer. Der Fischer genießt den Moment und fängt er einen Fisch, verkauft er ihn und kann wieder ein paar Tage davon leben. Er schläft jeden Tag aus, verbringt Zeit mit seiner Familie und genießt jeden Nachmittag am Meer. Wenn er Glück hat fängt er einen Fisch, wenn nicht ist das auch kein Problem. Der Banker fragt ihn nun warum er nicht mehr Fische fängt um mehr Geld zu verdienen. Dann könnte er noch jemanden einstellen um nochmal mehr Fische zu fangen. Mit dem Gewinn könnte er ein Fischerboot kaufen, das Geld bei der Bank hebeln um eine ganze Flotte daraus zu machen. Und in 10 Jahren könnte er das ganze dann für einen Riesen Gewinn verkaufen, damit er dann Zeit hat auszuschlafen, Zeit mit seiner Familie zu verbringen und am Meer zu sitzen.
Wie verrückt! Vielleicht könnten wir das was wir wollen ja schon längst haben und sehen es nur nicht. Uns wird ständig eingeredet, dass wir erfolgreich sein müssen und unser System gut ist, so wie es ist.
Aber ist es das?
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